Wie war 2018? Wie wird 2019? Anleitung für einen persönlichen Rück- und Ausblick

Nichts tun wir am Jahresende lieber, als das vergangene Jahr Revue passieren zu lassen. Auch in Zeitungen und im Fernsehen ist der Rückblick das beherrschende Thema. Wozu tun wir das – ist es wirklich nur Unterhaltung oder möchten wir vielleicht auch bewerten, ob wir unser Leben gut gestalten und ob wir womöglich etwas verbessern können? Gemessen an den vielen guten Vorsätzen ist dies nicht ganz unwahrscheinlich.

 

Viele Vorsätze sind nicht weniger oberflächlich als die Silvesterschau im TV. „Ich möchte abnehmen“ ist dann oft das sofortige Ergebnis und meist kommt nicht mehr als ein Jahresabo im Fitness-Studio heraus. Wie funktioniert es, damit Sie etwas davon haben? Wenn Sie eine ehrliche Rückschau wagen wollen, um mehr über sich zu erfahren und sich dann Dinge vorzunehmen, die Sie wirklich weiterbringen, dann ist das Fünf-Säulen-Modell möglicherweise für Sie interessant. Ich persönlich kann es auf mich gut anwenden, weil es einfach ist und trotzdem zum Nachdenken einlädt. Ich kann es als Selbstbefragung zum Glücklichsein auffassen und zugleich wie eine Checkliste abarbeiten.

Fünf Säulen der Identität

Der Psychologe Hilarion Petzold hat das Modell der fünf Säulen der Identität entwickelt. Unser Sein und Wirken, unsere Identität, hat seinem Bild zufolge mehrere Säulen. Sie tragen unsere Persönlichkeit quasi wie ein Dach. Dafür müssen nicht immer alle top gefüllt sein – und doch lässt sich gut überprüfen, welche der Säulen die eigene Person im letzten Jahr gut getragen haben und welche gerade nicht so stabil sind.

Unsere Persönlichkeit speist sich aus Bedürfnissen: Emotionale– zum Beispiel nach der Nähe zu anderen Menschen – oder körperliche Bedürfnisse – nach Gesundheit und Wohlbefinden. Wir möchten uns aber auch selbst ausdrücken und Leistung zeigen, wir brauchen Sicherheit und wir haben Werte und Überzeugungen, die wir ausleben wollen.

Im Rückblick gehen Sie diese Säulen durch und erkennen Dinge, die Sie sich mehr gewünscht hätten. Im Ausblick schauen Sie, welchen Säulen Sie in 2019 mehr Aufmerksamkeit und Zeit schenken – und wie Sie erhalten, was schon gut läuft. Oder: Welche Säulen kräftige ich, welche erhalte ich?

Ein paar Stichwortemöchte ich Ihnen als Hinweise mit auf den Weg geben. Wie Sie damit genau umgehen, entscheiden Sie natürlich selbst. Die fünf Säulen unserer Identität werfen zum Beispiel folgende Fragen auf:

  1. Wie sah es mit Gesundheit und Körper bei mir 2018 aus? Hat eine Krankheit oder ein Unfall mein Erleben geprägt? Hatte ich ausreichend Bewegung/Sport? Konnte ich ausreichend lustvolle Sexualität leben? Dabei geht es immer um ein „ausreichend“ für mein subjektives Wohlbefinden, nicht um absolute Antworten wie „zweimal die Woche Sport muss sein“!
    Auch: Wann und wie habe ich mich in meinem Körper nicht wohlgefühlt, mit meinem Aussehen gehadert oder hatte psychische Belastungen?
  2. Wie war es 2018 um meine sozialen Beziehungen bestellt? Hatte ich eine erfüllte Partnerschaft oder war zufrieden mit meinem Singlesein? Habe ich Freundschaften, die mich tragen und die ich ausreichend pflege? Wie geht es mir in meiner Familie, mit Kindern, Eltern oder anderen sehr nahen Personen? Wie steht es um die Menschen, mit denen ich für mich wichtigen Tätigkeiten nachgehe, sei es im Beruf, beim Hobby oder im Ehrenamt?
    Auch: Welche Begegnungen und Menschen haben mich verletzt, haben mir nicht gut getan?
  3. Wie ging es mir 2018 mit meiner Arbeit und mit dem, was ich geleistet habe? Fühlte ich mich wohl am Arbeitsplatz, mit dem Tun dort? Habe ich mich so fortgebildet, wie ich es brauchte? Konnte ich mich in meinen Hobbies und meinen Ehrenämtern gut ausleben und hat sich meine Kreativität entfalten können?
    Auch: Wo bin ich nicht zufrieden mit dem, was ich im Job und in meiner Freizeit tue?
  4. Wie ging es mir mit materieller Sicherheit in 2018? Habe ich genug verdient, um meine materiellen Bedürfnisse zu erfüllen, Nahrung und Wohnung, Kleidung und Konsum wie Reisen, Ausgehen, Kultur und was mir sonst noch wichtig ist?
    Auch: Was beunruhigt mich bezüglich meiner materiellen Sicherheit oder wo muss ich schmerzhafte Einschränkungen machen, weil mir nicht ausreichend Geld zur Verfügung steht?
  5. War mein Jahr 2018 ein gutes im Einklang mit meinen Werten und Idealen? Konnte ich meine weltanschaulichen, politischen, religiösen Überzeugungen ausreichend ausleben? Konnte ich meine beruflichen und privaten Entscheidungen im Einklang mit meinen Werten und Idealen treffen? Schien mir mein Leben 2018 sinn- und wertvoll? Und schön?
    Auch: Habe ich mich nach dem Sinn gefragt? Habe ich ausreichend Werte und Ideale für mein Wohlbefinden? Bin ich mit Menschen verbunden, die diese teilen?

Ausblick 2019:

Wie will ich jede Säule 2019 füllen? Ganz konkret:

  • Mehr Wohlbefinden? Vielleicht einmal im Monat ein Saunatag und einmal die Woche joggen? Oder ist das Fitness-Abo doch vielleicht gar nicht so schlecht für mich?
  • Mehr Zeit für Freunde? Vielleicht einen Abend die Woche ein privates Treffen mit einem lieben Freund, einer lieben Freundin?
  • Neue Aufgabengebiete bei der Arbeit? Vielleicht ein Gespräch mit dem Vorgesetzten über gezielte Fortbildungen?
  • Mehr Einkommen? Vielleicht die Nebentätigkeit als Experte für Vorträge ausbauen? Oder gar den Job wechseln?
  • Mehr Sinn? Vielleicht mal ein Urlaub in einem Umwelt- oder Menschenrechtsprojekt auf einem anderen Kontinent?

Ich wünsche Ihnen einen erkenntnisreichen und liebevollen Jahresrückblick und ein paar schöne und umsetzbare Ziele für 2019. Und Dankbarkeit für das, was Sie schon haben und pflegen wollen!