Jeder hat Kunden, auch wenn er nicht an der Ladentheke steht. Sind Sie selbständig? Arbeiten Sie im Verkauf oder als Key Accounter? Ist Ihr Platz in einem Call Center? Dann muss ich Ihnen dazu nichts erzählen. Haben Sie einen Job in der Agentur? Arbeiten Sie in Projekten mit? Sitzen Sie in Gremien? Auch dann sind Sie wohl sensibilisiert. Aber auch alle anderen haben Kunden, zumindest interne Kunde im eigenen Unternehmen. Sie werden auch als Personaler, Programmierer oder im Finanzwesen an den Leistungen gemessen, die andere von Ihnen beziehen. Auch das sind Kunden.
Und Kunden haben ihren eigenen Kopf, ihre speziellen Erwartungen, ihre manchmal schwer zu verstehenden Ansprüche. Manchmal sind sie unzufrieden, und dann neigen viele dazu sich zu beschweren. Es klingt vielleicht komisch, ist aber so: Diese Kundenbeschwerden sind erwünscht, denn sie zeigen den Weg zu Ihren ganz persönlichen Verbesserungspotenzialen und sind damit letztlich sehr wertvoll.
Mit einer Beschwerde gerät immer ein Fehler in den Fokus der Wahrnehmung. Entweder ein faktisch vorhandener, oder ein vom Kunde so empfundener – dann gibt es einen Fehler in Ihrer Beziehung zum Kunden. Viele Menschen wehren ab, dass Sie Fehler machen. Das hilft aber nicht. Das ist in etwa so, als wenn Sie eine Erkrankung ignorieren würden. Wenn Sie sie verschleppen, verschlimmert sie sich mitunter gravierend!
Verschenken Sie also nicht das Potenzial, das in der Beschwerde liegt. Wie das geht? Ich habe fünf Tipps für sie vorbereitet.
Tipp 1: Zuhören
Das ist auch schon die schwerste Lektion. In den wenigsten Fällen können Sie sich bei Beschwerden auf klare Regeln verlassen. Und selbst wenn es die gibt, droht Ärger über den Mehraufwand beim Kunden zurückzubleiben. In der Regel können Beschwerden sowieso nicht sofort erledigt werden – das verstärkt den Unmut.
Das Vertrauen in Ihre Kompetenz muss deshalb sofort wiedergewonnen werden, zumindest in Ansätzen. Technische und organisatorische Fragen sind dabei wichtig, aber entscheidend ist die Kommunikation mit Ihrem Kunden. Er erlebt sich als vernachlässigt. Da ist es logisch, dass er verärgert ist. Auch dann, wenn Sie sehen, dass er eine faktisch falsche Einschätzung hat! Gerade deshalb gilt: Verständnis für den Kunden mit der Beschwerde ist der Schlüssel.
Psychologen wissen: Die Kompetenz einer Person wird umso höher bewertet, je besser sie Verständnis signalisiert. Der Beschwerdeführer erkennt Sie demnach als kompetenten Partner an, alleine schon, weil Sie ihn verstehen. Erst dann glaubt er Ihnen, dass Sie ihm helfen wollen. Wichtiger Hinweis: Verstehen heißt nicht, seine Meinung zu teilen – das verwechseln wir oft. Wir sehen mitunter, was der empörte Beschwerdeführer womöglich selbst zum Status Quo beigetragen hat, er aber nicht. Nimmt man seinen Blickwinkel ein, ist sein Ärger dennoch nachvollziehbar – und nur darauf kommt es an.
Tipp 2: Professionelles Beschwerdemanagement
Das meint: zügige Ursachenforschung, Überprüfung und Maßnahmenplanung zur Schadensminimierung oder -aufhebung. Wichtig: Zum Kunden ist in dieser Zeit Kontakt zu halten, sondern sonst erlebt er das Schweigen womöglich als Arbeitsverweigerung.
Im Idealfall – der nicht selten ist – haben Sie durch die Heilung des Zustandes einen neuen Fürsprecher gefunden. Professionelles Ausräumen des Beschwerdegrundes erhöht Ihre Kompetenz im Erleben des Kunden. Der Kunde gewöhnt sich schnell daran, Nachrichten zu erhalten. Informieren Sie ihn doch in Zukunft proaktiv über Dinge, die Sie ihm bieten können: Seien es neue Produkte, bessere Services oder optimierte Prozesse.
Tipp 3: Tue Gutes und lass darüber reden
Ein Kunde, dessen Beschwerde zu einer erfolgreichen Korrektur geführt hat, kann nur Gutes über Sie berichten. Geben Sie ihm dazu Gelegenheit, lassen Sie sich zum Beispiel von Ihm empfehlen. Empfehlungen sind das wirksamste Marketing überhaupt.
Tipp 4: Schnelle Kommunikation
Das Internet prägt unser gesamtes Kommunikationsverhalten und hat es entscheidend beschleunigt, teils wird in Echtzeit kommuniziert. Reaktionen erfolgen in sozialen Netzwerken meist innerhalb einer halben Stunde, bei E-Mails innerhalb eines Tages. Deshalb sollte man in der Kommunikation mit Kunden im Netz schnellen Einsatz zeigen – eventuell mit Hilfe von Dienstleistern. Aber auch intern gilt: Lieber schnell eine Eingangsbestätigung versenden, als tagelang nicht sichtbar reagieren.
Tipp 5: Machen Sie Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter fit für den Umgang mit Beschwerden
Gegenüber verärgerten, möglicherweise aufgebrachten Kunden ruhig zu bleiben ist eine Frage der inneren Haltung. Verstehen, auch wenn man die Ausführungen des Gegenübers nicht teilt, gar falsch findet, das ist nicht leicht. Auch geduldigen Menschen platzt dabei schon mal der Kragen.
Deshalb ist der Umgang mit Beschwerden auch eine Führungsaufgabe. Ein gutes Beschwerdemanagement ruht auf zwei Säulen. Gute Abläufe und gute interne Kommunikation sind die eine. Die andere sind die Mitarbeiter: Schulen Sie sie (immer mal wieder) in Haltung und verstehendem Zuhören. Schaffen Sie ihnen Entlastung für den Umgang mit schwierigen Kunden. Eine effektive Methode ist, die Mitarbeiter, die mit Beschwerden und Beschwerdemanagement befasst sind, zu einem Erfahrungsaustausch einzuladen: am besten vier bis sechs Mal im Jahr, von einem Coach moderiert. Da kommen all die wertvollen Erfahrungen auf den Tisch und können effektiv in Veränderungen umgesetzt werden. Und der Frust, von Kunden unfreundlich behandelt worden zu sein, kann mit anderen geteilt und damit verarbeitet werden.
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg mit Beschwerden!